Bauhaus. Essentials 9 Preisträger 2018
Nominierung BDA-SARP-Award 2018
Der Entwurf soll die Erinnerung an einen ganz bestimmten Ort hervorrufen. Er soll diesen Ort reflektieren, aber auch versuchen ihm eine neue Identität zu geben. Es soll ein Gebäude entstehen, das mit der Geologie des Ortes korrespondiert.
Die Baltische Ostseeküste ist durch viele Besonderheiten geprägt, wie das Naturschutzgebiet der Kurischen Nehrung, mit wandernden Dünenlandschaften und Kiefernwäldern, Hochmoorgebieten oder auch die Vergangenheit als ein königliches Ostsee- und Moorbad in Ostpreußen. Vor allem aber ist der Bernstein und sein, hier weltweit größtes, Vorkommen eines der Wahrzeichen dieser Region.
Metamorphose
Bernstein zählt zu den ältesten Schmuck- und Heilsteinen der Welt. Um sich vorzustellen, wie der Baltische Bernstein entstanden ist, sollte man sich mehrere Millionen Jahre in den südlichen Teil Skandinaviens bzw. in den nördlichen Teil der Ostsee zurückbegeben, denn die Ostsee bildete sich erst vor etwa 13000 Jahren. Vor mehr als 50 Millionen Jahren war dieser Raum mit ausgedehnten Kiefernwäldern bedeckt. Das Klima war tropischsubtropisch warm und feucht. 
Die Bernsteinkiefer und andere Nadelhölzer haben einen natürlichen Schutzmechanismus entwickelt und konnten sich bei einer Verletzung mit austretenden Harz selbst heilen. Das Harz war dünnflüssig, aber erhärtete extrem schnell. Da Baumharze im Waldboden durch Austrocknung und Oxidation relativ bald zerstört werden, ist der erste und wichtigste Schritt für ihre Erhaltung ein eiliger Abtransport durch Flüsse ins Meer oder in Binnenseen, wo sie vor diesen Prozessen geschützt sind. Flusssysteme lagerten den Bernstein durch ihre Strömungen in Lagunen ab, wo er mit unterschiedlichen Sedimenten bedeckt wurde. Durch Hitze und Druck kam es zur Polymerisation und damit zur Bernsteinentstehung.
Die Inklusen sind fossile Einschlüsse von kleinen Tieren oder Pflanzenteilen, deren Abdrücke, in seltenen Fällen auch Gewebereste, im Bernstein seit Jahrmillionen perfekt erhalten sind. Daher wird Bernstein auch „Fenster in die Vergangenheit“ genannt.
Bernstein lagert sich in der sogenannten „Blauen Erde“ ab. Es handelt sich dabei um ein Sedimentgestein, das eine schichtartige Struktur aufweist. Es trägt in sich nicht nur Bernstein sondern auch andere Fossilien. Die „Blaue Erde“ wird dabei wie eine Matrize mit einem endlosen Raster behandelt. Dem Entwurf liegt ein gedanklicher Ausschnitt der Region zugrunde. Ein Ausschnitt, der wie eine Kernbohrung ausgeführt wird, die Substanz des Ortes extrahiert und es zum Vorschein bringt.
Lageplan
Der Lärm und die Hektik der Stadt bringt immer mehr Menschen dazu, Ruhe und Geborgenheit in der Natur zu suchen. In direkter Nachbarschaft zur Ostsee bietet ein Kiefernwald den perfekten Schutz durch die Bäume, er stiftet eine Oase. 
Die Akkumulation der verschiedenen Faktoren macht es zu einem optimalen Standort für ein Badehaus, das an eine alte, archaische Badekultur anknüpft und ein Gegenmodell zum Eventtourismus der Ostseeküste darstellt.
Es entsteht ein Solitärbau mit atmosphärischen Räumen und introvertiertem Charakter. Im Inneren findet der Besucher seine Ruhe, er kann die Welt herum ausschalten. Die äußere Erscheinung des Bauwerks ist rau, wirkt robust, kräftig und beständig. Es erweckt den Eindruck, schon immer da gewesen zu sein. Die Optik der Oberfläche versetzt den Betrachter zurück in vergangene Zeiten.
Außenraumperspektive
Perspektivischer Schnitt
Der Gast wird in einem 7 Meter hohen Raum begrüßt. Man hat jetzt schon das Gefühl in die Blaue Erde einzutauchen und sich auf die Suche nach Bernsteinen zu machen. Der Unterschied in der Oberflächenqualität, innen glatt und außen rau und unbehandelt, macht sich bemerkbar. Die Möbelelemente sind massiv und vermitteln Beständigkeit. Die Atmosphäre im Innenraum wird durch die Betonoberflächenqualität, Geruch, Klang, Licht und vor allem durch das Wasser geprägt.
Mittelpunkt des Badehauses bildet ein Kernbad mit 32°C warmem Wasser, das sich zwischen allen Geschossen ausdehnt und von mehreren Seiten zugänglich ist. Es entwickelt sich ein Raumgefüge mit einem großen, durchgesteckten Raum zum Licht hin.
Die monolithische Konstruktion besteht aus geschichtetem und pigmentiertem Dämmbeton. Die raue Oberflächenqualität wird durch ganz unterschiedliche, zum Teil regional vorhandene Zuschlagstoffe erreicht. Mit dieser Geste möchte man, dass das Gebäude sich in die Umgebung gut einfügt und eine Erinnerung an diesen Ort schafft. Im Inneren findet der Besucher seine Ruhe und Geborgenheit, er kann der Aussenwelt entfliehen. Deshalb möchte das Gebäude seinen introvertierten Charakter mit wenigen Öffnungen unterstreichen. Die Besucher des Badehauses sind keine zufälligen sondern bewusste Gäste, mit dem Ziel der Entspannung. Die Fassade schafft gezielte Ausblicke zum ursprünglichen Bernsteinproduzenten - dem Kiefernwald. Um der Architektur eine gewisse Eleganz zu verleihen wird die Fassade durch einige Messingelemente, die in der Sonne scheinen, ergänzt.
Nach dem Ritual der Reinigung öffnet sich das Badehaus zum ursprünglichen Kiefernwald. Es ist so, als ob man durch einen Bernstein nach draußen blickt. Das Badehaus scheint eine enge Verknüpfung mit der Natur und den geologischen Gegebenheiten der Region zu haben, ohne die amorphe Gestalt des Bernsteins aufzunehmen. 
Als eine entwurfsergänzende Maßnahme sind kleine Waldhütten in der Nähe des Badehauses geplant. Somit kann ein Gast mehrere Tage an diesem stillen Ort in der Nähe der Ostsee verbringen und sich eine längere Auszeit von der Hektik des Alltags nehmen.
Schnitt- und Materialmodell
Nach oben